Kunstproduktion

Der Künstler ist abwesend

Die Auslagerung von künstlerischer Arbeit durch unternehmerisch agierende Künstler schien uns in soziologischer Sicht dermaßen symptomatisch für den aktuellen Kunstbetrieb und signifikant für die Stellung von Kunst in unserer spätkapitalistischen Gesellschaft, dass wir ihr eine eingehende empirische Forschung widmeten.

Prof. Dr. Franz Schultheis
Seniorprofessur für Soziologie des Kunstfeldes und der Kreativwirtschaft
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Franz Schultheis

    Franz Schultheis ist Seniorprofessor für Soziologie des Kunstfeldes und der Kreativwirtschaft an der Zeppelin Universität. Zuvor hielt er seit 2007 die Professur für Soziologie an der Universität St. Gallen und war zugleich Leiter des Seminars für Soziologie an der Schweizer Hochschule. Schultheis forschte und lehrte unter anderem an den Universitäten in Montreal, Paris und Genf. Er studierte Soziologie in Nancy und Freiburg, promovierte in Konstanz und habilitierte schließlich 1993 bei Pierre Bourdieu an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris.  

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    Zum Weiterlesen: Lohnarbeit in Kunstmanufakturen - eine ethnografische Studie

    Die Herstellung von Kunstwerken wird in jüngerer Zeit vermehrt aus dem Atelier in spezialisierte handwerkliche Produktionsstätten ausgelagert. Die hier tätigen „Art Fabricators“ sind in der Regel namen- und gesichtslos auf der Hinterbühne der „Art World“ mit ihrem handwerklichen Geschick, einem ausgeprägten Kunstverständnis und hohem Maß an Kreativität an der Hervorbringung von Kunstwerken aktiv beteiligt. Sie stehen im Zentrum dieser Studie.

    Mittels ethnografischer Feldforschungen bietet Franz Schultheis erstmals Einblicke in die Praxis sowie Produktionsbedingungen und -verhältnisse solcher Manufakturen. Dabei werden auch das besondere Berufsethos ihrer Mitarbeitenden sowie deren Selbst- und Rollenverhältnisse untersucht. Nicht zuletzt stellt sich aber auch die Frage, wie dieser Wandel in der Produktion von Kunstwerken die Vorstellung vom Künstler und von der Kunst selbst verändert. 

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„Die Herstellung von Kunstwerken wird oft in Produktionsstätten ausgelagert“ – so beginnt die Zusammenfassung Ihres neuen Buches „Wir machen Kunst für Künstler“. Das klingt gefährlich industrialisiert und gar nicht nach einem romantischen Maler mit Atelier und Staffelei. Können Sie zunächst umreißen, um was für Kunstwerke es dabei geht – und wie die Herstellung abläuft?

Prof. Dr. Franz Schultheis: Die hier interessierenden Kunstwerke sind nicht nur auf verschiedenen Bühnen – etwa Museen, Biennalen, Galerien oder Kunstmessen – prominent vertreten und für uns alle gut sichtbar. Sondern sie sind ebenso im öffentlichen Raum – beispielsweise als Kunst am Bau, in Industrieunternehmen oder Banken wie auch als urbane Kunst an öffentlichen Plätzen – allgegenwärtig und durch ihre oft enormen Ausmaße und ästhetische Wucht unübersehbar. Ganz anders steht es um die Orte ihrer Erzeugung und die dort beschäftigten gleichsam namen- und gesichtslosen Art Fabricators. Dabei handelt es sich um Erwerbstätige, die in Auftragsarbeit »Kunst für Künstler machen«, wie es ein von uns befragter Vertreter dieses Gewerbes formulierte. Ausgehend von einer mehr oder minder konkreten, mehr oder minder ausgereiften Idee eines Werkes überträgt der Künstler dessen praktische Erzeugung an Dritte, ohne dabei physisch anwesend zu sein oder gar selbst Hand anzulegen.


Wie ist die Idee entstanden, in Kunstmanufakturen und damit in eine ansonsten wenig öffentlich sichtbare Sphäre der Kunstwelt zu blicken?

Schultheis: Diese Form der Auslagerung von künstlerischer Arbeit durch unternehmerisch agierende Künstler schien uns in soziologischer Sicht dermaßen symptomatisch für den aktuellen Kunstbetrieb und signifikant für die Stellung von Kunst in unserer spätkapitalistischen Gesellschaft, dass wir ihr eine eingehende empirische Forschung widmeten. Es ging dabei auch darum, Akteuren der Kunstwelt, denen oft durch Knebelverträge untersagt wird, öffentlich ihren doch beachtlichen Anteil an der Hervorbringung von Kunst anzusprechen, ein wenig Sichtbarkeit zu verschaffen.


Wer steckt wirklich hinter den raumsprengenden, spektakulär inszenierten und eventisierten Kunstwerken, die seit Jahren einen Boom erleben?

Schultheis: In Ihrer Frage steckt schon ein gutes Stück Antwort: Diese raumgreifenden Kunstwerke sind einerseits spektakulär und oft genug monumental, sind keine Art Fair Art fürs Wohnzimmer, sondern entweder für den öffentlichen Raum bestimmt oder aber auch vermehrt nachgefragt von Kunstsammlern mit Privatmuseen. Ich konnte selbst beim Besuch solcher Privatsammlungen in Miami oder Hongkong feststellen, wie stark solche Werke dort gefragt sind. Oft kamen dabei die Inspirationen für den Ankauf solcher Großskulpturen beim Besuch von Biennalen oder auch der von der Art Basel betriebenen „Art Unlimited“, wo sie im Zentrum stehen. Ein hier befragter Besucher sagte uns dazu: „Large installations attract a lot of people taking photos and enjoying it, I think those are very successful works.“

Wohin mit der Kunst? Diese Frage stellten sich viele Macher großer Skulpturen, Gemälde und Installationen in der Corona-Zeit. Denn viele Kunstschauen fielen ersatzlos aus, Museen mussten für Monate dicht machen. Und das hat bereits jetzt langfristige Auswirkungen, etwa auf die documenta in Kassel, die mit ihrer nächsten Ausgabe so global werden dürfte wie nie zuvor. Die Liste der Mitkuratoren aus aller Welt wächst immer weiter an, obwohl die Ausstellung erst vom 18. Juni bis 25. September 2022 stattfinden soll. An den Vorbereitungen sind 15 Künstlerkollektive aus mehr als einem Dutzend Länder beteiligt. Geleitet wird die „documenta fifteen“ von dem indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa. Ihr Arbeitsprinzip nennen sie „lumbung“, das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der überschüssige Ernte gelagert wird. Institutionen aus der ganzen Welt sollen sich zusammenschließen, „um gemeinsam lumbung zu praktizieren“, hatte die documenta 2020 angekündigt. Die „lumbung-member“ sollen „Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst teilen und erhalten“. Die Liste dieser Mitglieder ist inzwischen auf 14 Kollektive mit einer nicht genannten Zahl an Köpfen angewachsen. Wegen der Corona-Pandemie treffen sich die Mitglieder derzeit nur digital.
Wohin mit der Kunst? Diese Frage stellten sich viele Macher großer Skulpturen, Gemälde und Installationen in der Corona-Zeit. Denn viele Kunstschauen fielen ersatzlos aus, Museen mussten für Monate dicht machen. Und das hat bereits jetzt langfristige Auswirkungen, etwa auf die documenta in Kassel, die mit ihrer nächsten Ausgabe so global werden dürfte wie nie zuvor. Die Liste der Mitkuratoren aus aller Welt wächst immer weiter an, obwohl die Ausstellung erst vom 18. Juni bis 25. September 2022 stattfinden soll. An den Vorbereitungen sind 15 Künstlerkollektive aus mehr als einem Dutzend Länder beteiligt. Geleitet wird die „documenta fifteen“ von dem indonesischen Künstlerkollektiv Ruangrupa. Ihr Arbeitsprinzip nennen sie „lumbung“, das indonesische Wort für eine gemeinschaftlich genutzte Reisscheune, in der überschüssige Ernte gelagert wird. Institutionen aus der ganzen Welt sollen sich zusammenschließen, „um gemeinsam lumbung zu praktizieren“, hatte die documenta 2020 angekündigt. Die „lumbung-member“ sollen „Ressourcen wie Zeit, Raum, Geld, Wissen, Fürsorge und Kunst teilen und erhalten“. Die Liste dieser Mitglieder ist inzwischen auf 14 Kollektive mit einer nicht genannten Zahl an Köpfen angewachsen. Wegen der Corona-Pandemie treffen sich die Mitglieder derzeit nur digital.

Wie ist es zu der von Ihnen beschriebenen zeitgenössischen Kunstproduktion gekommen und was sagt dieses künstlerische Schaffen über das Verhältnis zwischen Kunst und Kapital?

Schultheis: Kunstwerkstätten, in denen in Lohnarbeit Werke produziert werden, gab es schon in der Renaissance. Erfolgreiche Künstler hatten oft zahlreiche „Lehrlinge“, die unter ihrer Regie und nach ihrem Vorbild Kunstwerke für den Kunsthandel herstellten, aber eben unter der Regie des Meisters, der die Mitarbeiter seines Ateliers zuerst „in die Lehre“ nahm, sie nach den Regeln seiner Kunst ausbildete und ihnen dann in seiner Werkstatt immer über die Schultern schaute. In den von mir beforschten Kunstmanufakturen hingegen gilt in der Regel, um die Performancekünstlerin Marina Abramović zu paraphrasieren: „The Artist is Absent“. Der Künstler sendet eine Skizze und sieht „sein“ Werk später bei der Vernissage.


Müssen wir Kunst neu definieren, wenn quasi jedes Kunstwerk jederzeit maschinell perfekt reproduzierbar ist? Schließlich ist es ja kein einzelnes Werk mehr und das schöpferische Element geht auch verloren.

Schultheis: Die von uns in Kunstgießereien beobachtete Produktion von Skulpturen, die in der Regel maximal in sechs Auflagen erzeugt werden, lassen die Frage nach der Zukunft von Kunst im Zeitalter ihrer „technischen Reproduzierbarkeit“ aufscheinen. Diese limitierte Reproduktion ist aber nicht das eigentliche Problem. Der Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich hat überzeugend die Metamorphosen von Kunst vom traditionellen Atelierkünstler zum Art Entrepreneur beschrieben und Letzterem die Rolle zugewiesen, mit seinen Kopfgeburten – das heißt noch so vagen Inspirationen – den eigentlich kreativen Part bei der Hervorbringung von Kunst zu beanspruchen. Schöpferisch bleibt dieser Prozess demnach durchaus, nur wird er arbeitsteilig vollzogen, was ja dann auch Pierre Bourdieus These nachvollziehbar macht, nach der Kunst immer kollektiv hervorgebracht wird.


Wie gehen die kunstaffinen Akteure dieser Hinterbühne der Kunstwelt damit um, dass sie trotz ihres nicht geringen Anteils an der Hervorbringung von Kunstwerken namen- und gesichtslos, unsichtbar und unbeachtet bleiben?

Schultheis: Kurz gesagt: Die rund 50 in Tiefeninterviews in einem Dutzend Kunstmanufakturen befragten Art Fabricators äußerten einerseits ein überraschend hohes Niveau an Berufszufriedenheit und -stolz – und dies trotz eines gegenüber dem Lohnniveau in anderen Unternehmen bei gleichem Qualifikationsniveau niedrigeren Einkommen. Dass sie bei der öffentlichen Wahrnehmung von Kunst selbst nicht ins Bild und zu Wort kommen, wurde in den Interviews unisono mit Feststellungen wie „Wir arbeiten für die Künstler“ oder „Wir sind Dienstleister“ legitimiert, was sozusagen auch die offizielle Corporate Identity dieser Manufakturen wiedergab. Nur bei Zwischentönen war des Öfteren zu bemerken, dass es hier eben zuging, „wie auch anderswo in der kapitalistischen Welt“, so ein Befragter.

Die eigentlichen Produzenten von Kunst führen ein Schattendasein. Welche Interessen und Arrangements stecken hinter der systematischen Verkennung und Verdrängung dieser Praxis aus der öffentlichen Wahrnehmung zeitgenössischer Kunst?

Schultheis: Seitens des Künstlers liegt die Antwort wohl auf der Hand. Seine Rolle als Autor, der mit seinem Namen und seiner Signatur das Kunstwerk allein autorisiert und ein von Dritten fabriziertes „Ding“ erst zu einem „Kunstwerk“ erhebt beziehungsweise weiht, macht aus ihm den primären Nutznießer an der Aufrechterhaltung dieser kollektiven Illusion. Auch die an der Vermarktung teilhabenden Akteure, etwa Galeristen und Sammler, wie wohl auch die in den Weihestätten der Kunst mit diesen Objekten befassten Professionen, dürften am Lüften des – ja eigentlich offenkundigen – Geheimnisses kaum ein besonderes Interesse haben. Die Art Fabricator selbst sind, wie bereits gesagt, vertraglich zum Schweigen verpflichtet.


Was macht es mit der Kunst, wenn allein die Signatur des Künstlers aus einem Ding ein Kunstwerk macht?

Schultheis: Eine Signatur ist nur so viel wert, wie dem Zeichnenden an gesellschaftlicher Anerkennung und Wertschätzung zu Teil wird. Ein konsekrierter Künstler weiht mittels seines akkumulierten symbolischen Kapitals einen Gegenstand ohne Gebrauchswert, zum Beispiel ein Stück Leinwand mit einer Schicht Ölfarbe, lässt ihn dadurch an seiner Aura teilhaben und attestiert ihm mit seiner Signatur einen inkommensurablen Wert. Diese spezifische „Magie“ funktioniert allein dank des kollektiv geteilten Glaubens an die Außeralltäglichkeit des Künstlers und seines Werkes. Die Signatur ist Garant, die tatsächlichen Entstehungszusammenhänge tun dann nichts mehr zur Sache.

Die Biennale in Venedig gilt als eine der zentralen Anlaufstellen für Kunstfans in der ganzen Welt. Doch wegen der Corona-Pandemie musste auch diese Schau verschoben werden. Jetzt soll die 59. Ausgabe Ende April nächsten Jahres stattfinden - mit deutscher Beteiligung. Die Künstlerin Maria Eichhorn wird 2022 den Deutschen Pavillon in Venedig gestalten. Die 58-Jährige tritt damit in die Fußstapfen von Gerhard Richter (1972), Joseph Beuys (1976), Hans Haacke (1993), Rosemarie Trockel (1999), Isa Genzken (2007) und Christoph Schlingensief (2011). „Maria Eichhorn ist genau die Künstlerin, die ich schon immer im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sehen wollte“, sagte Yilmaz Dziewior, Direktor des Kölner Museums Ludwig und Kurator des Pavillons. Eichhorn selbst sei überrascht gewesen, als er ihr das Angebot am Telefon übermittelt habe, erzählte Dziewior: „Wir haben dann sofort lange über die Geschichte des Deutschen Pavillons und über vorhergehende Positionen gesprochen. Die Beiträge waren ja immer sehr unterschiedlich, aber haben sich fast alle an dieser monumentalen Naziarchitektur abgearbeitet.“ Der Pavillon wurde 1938 von den Nazis nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Den bombastischen Raum zu bespielen, ist nicht einfach. Christoph Schlingensief baute eine „Kirche der Angst“ in den Pavillon und bekam dafür 2011 posthum den Goldenen Löwen. 2017 gewann Anne Imhof den Preis: Sie setzte zwei Dobermänner in einen Zwinger, Darsteller bewegten sich wie Zombies zu dröhnenden Sounds durch den Raum.
Die Biennale in Venedig gilt als eine der zentralen Anlaufstellen für Kunstfans in der ganzen Welt. Doch wegen der Corona-Pandemie musste auch diese Schau verschoben werden. Jetzt soll die 59. Ausgabe Ende April nächsten Jahres stattfinden - mit deutscher Beteiligung. Die Künstlerin Maria Eichhorn wird 2022 den Deutschen Pavillon in Venedig gestalten. Die 58-Jährige tritt damit in die Fußstapfen von Gerhard Richter (1972), Joseph Beuys (1976), Hans Haacke (1993), Rosemarie Trockel (1999), Isa Genzken (2007) und Christoph Schlingensief (2011). „Maria Eichhorn ist genau die Künstlerin, die ich schon immer im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig sehen wollte“, sagte Yilmaz Dziewior, Direktor des Kölner Museums Ludwig und Kurator des Pavillons. Eichhorn selbst sei überrascht gewesen, als er ihr das Angebot am Telefon übermittelt habe, erzählte Dziewior: „Wir haben dann sofort lange über die Geschichte des Deutschen Pavillons und über vorhergehende Positionen gesprochen. Die Beiträge waren ja immer sehr unterschiedlich, aber haben sich fast alle an dieser monumentalen Naziarchitektur abgearbeitet.“ Der Pavillon wurde 1938 von den Nazis nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Den bombastischen Raum zu bespielen, ist nicht einfach. Christoph Schlingensief baute eine „Kirche der Angst“ in den Pavillon und bekam dafür 2011 posthum den Goldenen Löwen. 2017 gewann Anne Imhof den Preis: Sie setzte zwei Dobermänner in einen Zwinger, Darsteller bewegten sich wie Zombies zu dröhnenden Sounds durch den Raum.

Wie sieht es also aus, das Bild vom Künstler? Und wie verhält sich dazu das Bild vom Künstler, das Kunsthochschulen als Ausbildungsstätten für Künstler vermitteln?

Schultheis: „Das“ Bild des Künstlers gibt es nicht. Vielmehr besteht im Feld der Kunstproduktion eine permanente Konkurrenz um die Definition der legitimen Repräsentation dieser Rolle. Immer noch hält sich das ein wenig romantisch verbrämte Bild des singulären Künstlergenies und seines Ateliers. Was aber heute an Kunsthochschulen gelehrt wird, orientiert sich doch immer mehr an der Vermittlung von manageriellen Kenntnissen und Skills, die den künftigen Kreativarbeitern dazu verhelfen sollen, sich zu marktfähigen Art Entrepreneuren zu entwickeln.


Inwiefern sind technische Neuerungen wie der 3D-Druck eine Gefahr für Kunstmanufakturen?

Schultheis: Einerseits konnten wir selbst bei unserer Feldforschung beobachten, wie intensiv diese Technik in Kunstmanufakturen bereits eingesetzt wird, andererseits wird sie aber auch als eine direkte Bedrohung angesehen, wie uns ein nordamerikanischer Art Fabricator erläuterte: „3D-Drucken tritt an, um den Gießerei-Metallguss zu ersetzen – ich werde das noch selbst erleben. Es ist ein sehr interessanter Wendepunkt, das Ende einer Epoche und der Übergang zu einer neuen Technologie im größeren Zusammenhang der Industrieproduktion unserer Gesellschaft. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dass dieser 3D-Drucker so erschwinglich wird, dass er die Öfen ersetzt.“

Zum Weiterlesen: Lohnarbeit in Kunstmanufakturen - eine Studie


Titelbild: 

| Federico Lancellotti / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bilder im Text: 

| Ricardo Gomez Angel / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link

| Laura Gdc / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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