Vor genau 130 Jahren übernahm Johann Schmid die im Südschwarzwald gelegene und im Jahre 1833 von Altvogt Dietsche errichtete Privatbrauerei Waldhaus und begründete damit die bis heute fortbestehende Bierbrauerfamilie. Des Stammvaters Urenkelin Janina Schmid hat mittlerweile 25 Jahre der Brauereigeschichte miterlebt. Zwei Jahre vor ihrer Geburt übergab ihr Großvater Helmar Schmid die Geschäftsführung an ihren Vater Dieter Schmid. Waldhaus selbst ist ein Ort, der hauptsächlich aus dem Brauereigebäude und der Brauereigaststätte sowie ein paar Wohnhäusern besteht. „Mein Bruder und ich sind wohlbehütet mitten in der Natur aufgewachsen, wodurch sich viele Freiheiten ergaben“, erzählt Janina Schmid.
Den Eltern wäre nie in den Sinn gekommen, Druck auf ihre Kinder auszuüben, geschweige denn deren Wege in das Familienunternehmen vorzugeben. „Dennoch ist es nur ganz natürlich, dass man als Unternehmerkind schon früh eine enge Verbindung zu dem familiengeführten Betrieb und ein familiäres Verhältnis zu den dort arbeitenden Menschen aufbaut“, erklärt Schmid. „Zwangsläufig erwächst daraus der Gedanke, die langjährige Familientradition irgendwann einmal fortzuführen und nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Verantwortung zu übernehmen.“ Es sollten aber noch einige Jahre ins Land gehen, bis sich bei den Geschwistern die Einsicht einstellte, in das Familienunternehmen einzusteigen.
Bis dahin verfolgte Janina Schmid zunächst einmal anders gelagerte Interessen. Inspiriert von ihrer als Kunstlehrerin tätigen Mutter und ihrem Grabsteine meißelnden Großvater probierte sie sich in ihrer Kindheit und Jugend in diversen künstlerischen Techniken und Medien aus wie Malerei, Fotografie oder Theater. Am meisten Zeit verbrachte sie aber mit der Musik. Sie erlernte zunächst das Klavierspiel, später das Spiel auf der Violine. Sie brachte sich selbst bei, der Gitarre und dem Cello die richtigen Töne zu entlocken. Und sie wirkte als Bassistin und Sängerin in schulischen Musik- und Bandprojekten mit. Doch bei all dem Spaß kam die Disziplin nie zu kurz, besuchte Janina Schmid doch ein nahegelegenes Jesuitenkolleg, Samstagsunterricht, Donnerstagsgottesdienst und Morgengebet eingeschlossen. „Noch heute kann ich das Vater Unser auf Deutsch, Englisch und Latein aufsagen“, bemerkt Schmid. Mehr noch aber liebte sie das internationale Flair und die sich daraus ergebenden vielfältigen Perspektiven sowie die Möglichkeit, in diversen AG „alles auszuprobieren, was ich wollte“.
Ein eher stiefmütterliches Interesse hegte Janina Schmid gegenüber der Wirtschaft sowie zunächst auch gegenüber der Mathematik. Doch das änderte sich schlagartig, als sie ein Jahr lang ein englisches Internat besuchte, dort erstmals mit Wirtschaftskursen in Berührung kam und unter nachdrücklicher Anleitung ein Mathelevel nach dem anderen meisterte. „Wie die Schule, so war auch das Internat ein Ort, an dem ich viel gefördert wurde, aber auch viel machen konnte – nur waren es eben diesmal Fächer, die zuvor nicht gerade zu meinen Lieblingen zählten, letztlich aber eine wichtige Rolle in meinem Abitur spielten“, erläutert Schmid.
Wie sich Unternehmen und wie sich Produkte verkaufen: Das waren Fragen, die Janina Schmid in ihren Wirtschafskursen brennend interessierten und die auf den Wunsch hinausliefen, in ihren ersten Praktika die wirtschaftliche mit der kreativen Komponente zu verbinden. Im Familienunternehmen und in Werbeagenturen lernte sie mehr darüber, sowohl die eigene als auch andere Marken in der analogen wie in der digitalen Welt zu präsentieren. Dass es eine Universität gibt, die in einem Studiengang eine Kombination der beiden Komponenten anbietet, dazu eine familiäre Atmosphäre, eine bunte Initiativenlandschaft und eine landschaftlich reizvolle Region: davon berichtete ihr ein Freund aus der Schulzeit, der an der ZU studiert hat.
„Das, was ich über die ZU gehört hatte, bestätigte sich vom ersten Moment an. Bereits als Studienanfängerin habe ich mich niemals verloren, sondern immer angekommen gefühlt“, erwähnt Schmid. „Überhaupt war das Studium an der ZU die beste Entscheidung meines Lebens.“ Das belegt auch ihr unermüdliches Engagement für die Universität. Ob in ihrer Schule, auf bundesweiten Messen oder vor Ort an der Universität: Überall und so oft es ging hat Janina Schmid die ZU dabei unterstützt, sich Studieninteressierten vorzustellen. „Ich möchte einfach, dass viel mehr Menschen von diesem besonderen Ort und seinen grenzenlosen Möglichkeiten erfahren. Die Universität bietet unzählige Chancen, sich auszuprobieren und auch mal Fehler zu begehen – das aber in einer Umgebung, die das eigene Tun nicht nur unterstützt, sondern auch wertschätzt“, sagt Schmid. „Ich bin hier zu der besten Version meiner Selbst geworden – und ich wünsche mir, dass es anderen genauso ergeht.“
Ihr Studium verlief zwischen Wirtschaft, Kommunikation und Familienunternehmertum. Letzteres entdeckte sie, als sie ab ihrem dritten Semester den Vorstand der FamilienFreunde übernahm. „Vordergründig geht es zwar darum, sich mit anderen Next Gens auszutauschen“, so Schmid, „wir haben aber auch gemeinsam Exkursionen und Workshops durchgeführt, um unser Wissen und unsere Perspektiven zu erweitern.“ Seit ihrer Gründung arbeitet die studentische Initiative eng mit dem Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen | FIF zusammen, das sich mit der Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen befasst. „Als wenig später eine Stelle am FIF offen war, musste ich gar nicht lange überlegen“, erzählt Schmid, die als studentische Hilfskraft insgesamt drei Jahre an dem Institut tätig war.
Teil ihrer Arbeit war es, zusammen mit dem Institutsmanager Dr. Christian Titus-Klaiber einmal im Semester einen Vortrag zu halten über Unternehmensnachfolge und wie diese erfolgreich gestaltet werden kann. „Eine von ihm immer mal wieder in den Raum geworfene Aussage hat mich lange beschäftigt, nämlich, dass eine weibliche Nachfolge so schnell wie möglich in das Familienunternehmen einsteigen sollte, um sich frühestmöglich zu etablieren. Diese Aussage hat meiner eigenen Lebensplanung einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht“, berichtet Schmid. Deshalb prüfte sie die These in ihrer Bachelorarbeit auf Herz und Nieren, fragte danach: Wann ist für Frauen der optimale Zeitpunkt, um in das Familienunternehmen einzusteigen? „Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass es für Frauen von Vorteil ist, zunächst einmal externe Berufs- und Führungserfahrung zu sammeln, um sich danach im eigenen Unternehmen Respekt zu verschaffen“, bemerkt Schmid. „Noch bemerkenswerter war, dass die meisten von mir interviewten Now Gens vor oder während ihrem Einstieg ins Familienunternehmen Kinder bekommen haben. Damit zeigte sich also, dass die Realität schlussendlich doch ganz anders ist als zunächst einmal erwartet.
Neben dem Studium war Janina Schmid der kreative Ausgleich wichtig. Während sie in ihren ersten Semestern die studentische Initiative ZUkleistern mitinitiierte und dabei Kunstworkshops und Malabende mitorganisierte, stieß sie in ihren letzten Semestern als Sängerin zur Luftschiffkapelle. Für eine eigene Kreation erhielt sie ein EXIST Women Stipendium und durfte am Textil-Accelerator „Stoff im Kopf“ teilnehmen: Amoveo. „Dabei handelt es sich um einen Jackenträger“, erläutert Schmid. Und sie verrät: „Auch wenn ich von Textilien nicht die geringste Ahnung hatte, habe ich mir eine Nähmaschine gekauft und den Prototypen selbst gefertigt.“ Das Produkt soll im nächsten Jahr auf den Markt kommen. Ferner soll an dem Start-up in einem Master in Entrepreneurship and Innovation an der Freien Universität Bozen weiter gefeilt werden.
Für Janina Schmid stand allerspätestens mit ihrer Tätigkeit am FIF fest, dass ihr zukünftiger Weg ins eigene Familienunternehmen führt. Wie bei ihrem Bruder, der vor Kurzem seinen Braumeister abschloss und kurz vor dem Start in den CME-Bachelor an der ZU steht – natürlich inspiriert durch seine Schwester. „Insbesondere der Austausch mit anderen Next Gens hat mir gezeigt, dass es eine echte Option ist, das Familienunternehmen im Duo zu führen“, erklärt Schmid. „Und ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass mein Bruder und ich uns gegenseitig zu Höhen antreiben, aber auch auf den Boden zurückholen können.“