Non-Fungible Tokens

Unzerstörbar, unteilbar, unbegrenzt

von Florian Horky | Zeppelin Universität
24.03.2021
Die ganze Blockchain-Technologie – und damit auch NFTs – steckt immer noch in ihren Kinderschuhen. Dennoch sollten Entscheider NFTs im Blick behalten, sicherlich werden die kommenden Jahre dieses Thema weiter in die Aufmerksamkeit des öffentlichen Interesses heben.

Florian Horky
ZEPPELIN Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie und -politik
 
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    Florian Horky

    Florian Horky ist Doktorand am ZEPPELIN Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie und -politik sowie Projektkoordinator für das Projekt „Forschendes Lernen 2.0“ an der Zeppelin Universität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Finanzierungsverhalten von klein- und mittelständischen Unternehmen, verhaltensökonomischen Mechanismen an Kapitalmärkten sowie digitalen (makro-)ökonomischen Entwicklungen.

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    Seit Jahren wird die Netztechnologie Blockchain heiß diskutiert – meist in einem Atemzug mit der stark schwankenden Kryptowährung Bitcoin und der Angst, die große Chance auf Reichtum zu verpassen oder sein Vermögen zu verzocken. Jetzt ist die Szene um einen neuen Star reicher: sogenannte NFTs. Den Hype dahinter und seine Folgen beleuchten die ZU-Wissenschaftler Florian Horky und Felix Krell.

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Aufgrund ihrer eindeutigen Kennung und der damit einhergehenden Unzerstörbarkeit, Unteilbarkeit und Nicht-Replizierbarkeit ist es mit NFTs erstmals möglich, eindeutige Besitzverhältnisse und transaktionale Nachverfolgbarkeit für digitale Güter herzustellen. NFTs basieren dabei wie fungible Tokens auch auf einer zugrundeliegenden dezentralen Blockchain, womit unberechtigte Manipulationen nahezu ausgeschlossen sind. Der besondere ökonomische Nutzen der NFTs liegt nun darin begründet, dass der Token auch als digitale Manifestation eines realen Gutes dienen kann.


Anders als mit fungiblen Tokens lassen sich mit NFTs also reale, aber einzigartige Güter, wie Personalausweise, Impfpässe, aber auch Versicherungspolicen, Besitzverhältnisse oder Verträge, digital abbilden. Diese bisher in der Form nicht dagewesene Möglichkeit eröffnet nun vielfältige Wege, um gesellschaftliche Herausforderungen wie Identitätsdiebstahl oder unterschiedliche Formen der Korruption zu bekämpfen. NFTs könnten auf diese Weise zu einer nachhaltigen und stabilen Entwicklung von schwächer entwickelten Ländern beitragen.


Möchte man die denkbaren Einsatzgebiete von NFTs genauer betrachten, so stößt man auf ein Feld theoretisch nahezu unbegrenzter Möglichkeiten, weswegen hier einige spezifische Beispiele hervorgehoben und dargestellt werden sollen. Ich hoffe, dem geneigten Leser einen ersten Einblick damit verschaffen zu können.


NFTs könnten beispielsweise genutzt werden, um effektiv Transaktionen auf Sekundärmärkten zu überwachen und/oder zu verhindern. Denkbar sind verschiedenste Anwendungsfälle zur Bekämpfung von betrügerischen Handlungen. Der Raub von Kunst- und Kulturgütern stellt in vielen Krisen- und Bürgerkriegsregionen der Welt ein großes Problem dar und richtet unwiederbringliche Schäden an. Problematisch ist dabei, dass nach einer Reihe von Verkäufen die tatsächlichen originären Besitzverhältnisse – man denke etwa an die Raubkunst des Dritten Reiches – kaum mehr zu klären sind. Würden diese Wertgegenstände eindeutig mittels NFTs digitalisiert, wäre eine eindeutige Nachverfolgung einfach möglich, da nur der Eigentümer des Tokens auch Eigentümer der „realen“ Ware sein kann. Im Nebeneffekt wäre der illegale Handel – zumindest für Weiterverkäufer – weit weniger attraktiv, da in jedem Schritt zu befürchten wäre, der Hehlerei aufgrund des mangelnden Tokens überführt zu werden.

Mit Geld spielt man nicht – eigentlich. Für Krypto-Werte und Videospiele indes scheint diese alte Lebensweisheit nicht mehr zu gelten. Das beste Beispiel: Das ethereumbasierte Spiel „Cryptokitties“. In dem Spiel züchten experimentierfreudige Gamer digitale Kätzchen. Der Clou: Jeder virtuelle Schnurrer ist wirklich einzigartig und kann von seinem Besitzer verkauft werden. In der Vergangenheit wurden dafür teils Summen im sechsstelligen Bereich bezahlt. Doch immer mit der Ruhe: Der Durchschnittspreis liegt dann in der Regel doch deutlich niedriger. Doch als das Spiel 2017 zum viralen Hit wurde, führte die Nachfrage nach den virtuellen Kätzchen zu einer Überlastung des Ethereum-Netzwerks und damit zu einer massiven Verlangsamung. Projekte wie das geplante Ethereum 2.0 und speziell für Spiele konzipierte Blockchains könnten solche Skalierungsprobleme langfristig lösen.
Mit Geld spielt man nicht – eigentlich. Für Krypto-Werte und Videospiele indes scheint diese alte Lebensweisheit nicht mehr zu gelten. Das beste Beispiel: Das ethereumbasierte Spiel „Cryptokitties“. In dem Spiel züchten experimentierfreudige Gamer digitale Kätzchen. Der Clou: Jeder virtuelle Schnurrer ist wirklich einzigartig und kann von seinem Besitzer verkauft werden. In der Vergangenheit wurden dafür teils Summen im sechsstelligen Bereich bezahlt. Doch immer mit der Ruhe: Der Durchschnittspreis liegt dann in der Regel doch deutlich niedriger. Doch als das Spiel 2017 zum viralen Hit wurde, führte die Nachfrage nach den virtuellen Kätzchen zu einer Überlastung des Ethereum-Netzwerks und damit zu einer massiven Verlangsamung. Projekte wie das geplante Ethereum 2.0 und speziell für Spiele konzipierte Blockchains könnten solche Skalierungsprobleme langfristig lösen.

Ein weiterer, umso praktischerer Anwendungsfall ist die Verwendung von NFTs für Veranstaltungen und Ticketsysteme. Auch hier gilt es, einen oftmals unerwünschten Sekundärmarkt mit windigen, teils betrügerischen Angeboten effektiv zu kontrollieren. In ihrem Paper „NFTs in Practice – Non-Fungible Tokens as Core Component of a Blockchain-based Event Ticketing Application“ zeigen Ferdinand Regner, André Schweizer und Nils Urbach, wie dies mittels NFTs gelingen kann und liefern direkt die „Anleitung“ für einen funktionierenden Prototypen mit.


Zu guter Letzt eignen sich NFTs natürlich auch hervorragend, um digitale Güter eindeutig identifizieren zu können. Die Krypto-Kunst ist denn auch das aktuell gängigste Einsatzfeld für NFTs. Virtuelle Objekte – an dieser Stelle möchte ich die äußerst erhellende Auseinandersetzung mit dem Spiel „Cryptokitties“ empfehlen – können nun erstmals mit einem effektiven Copyright versehen werden. Exklusivität macht NFTs aktuell zu begehrten Gütern: Für Cryptokitties werden gut und gerne fünfstellige Dollarpreise aufgerufen. Auch die Formel 1 hat sich bereits an NFTs versucht und im eigens lizenzierten Blockchainspiel „F1 Delta Time“ für einen digitalen Rennwagen einen sechsstelligen Preis erzielt. Möglich macht das die digitale Einmaligkeit der NFTs. Grade die Corona-Pandemie hat unsere Welt und insbesondere unsere digitale Welt nachhaltig verändert. Eine zunehmende Übertragung realweltlicher Lebensaspekte in digitale Bereiche zeichnet sich ab. Ein Internet, das von NFTs Gebrauch macht, bietet dem Kunst- und Kulturmarkt nun einen Schutz- und Sicherheitsfaktor, der zuvor undenkbar war. Also, wo ist der Haken? Warum werden die NFTs nicht schnell und flächendeckend eingesetzt?

Die ganze Blockchain-Technologie – und damit auch NFTs – steckt immer noch in ihren Kinderschuhen. Dennoch sollten Entscheider NFTs im Blick behalten, sicherlich werden die kommenden Jahre dieses Thema weiter in die Aufmerksamkeit des öffentlichen Interesses heben. Nichtsdestotrotz kämpfen insbesondere NFTs aus ökonomischer Perspektive noch mit großen Problemen. Erstens sind NFTs in der Produktion preislich (noch) absolut nicht wettbewerbsfähig und daher zunächst beschränkt auf Märkte, in denen der intrinsische Wert keine Rolle spielt, sondern extrinsische Sammlerwerte gehandelt werden. Zweitens sind die NFTs – wie alle blockchainbasierten Tokens – Gegenstand erratischer und nicht vorhersehbarer Preisschwankungen. Wie bereits gesagt, befindet sich der Markt in seinen Kinderschuhen und damit in einem Zustand, in dem sich noch kein Gleichgewicht einspielen konnte.

Für die darüber kaum informierte breite Öffentlichkeit, aber auch für seriöse Unternehmen ist dies kein sicheres Geschäftsumfeld. Und drittens weisen NFTs eine ökologisch fragwürdige Bilanz auf. Man kann zwar bei Blockchain-Transaktionen keine exakten Zahlen für die Erstellung der Tokens nennen, der aktuelle Proof of Work-Standard verschlingt allerdings große Mengen an Energie und setzt dementsprechend viel CO2 frei. Schätzungen gehen von etwa 100 Kilogramm CO2 oder mehr pro NFT aus.

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Titelbild: 

| Executium / Unsplash.com (CC0 Public Domain) | Link


Bild im Text: 

| CryptoKitties / Pressebild | Link


Beitrag (redaktionell unverändert): Florian Horky

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm

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