Energiewende

Elektromobilität - Ein grünes Märchen

Tatsächlich ist das Elektroauto aus ökologischer Sicht aber unter den gegenwärtigen Bedingungen der Stromversorgung überhaupt nicht besser als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Prof. Dr. Alexander Eisenkopf
ZEPPELIN-Lehrstuhl für Wirtschafts- & Verkehrspolitik
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

    Alexander Eisenkopf studierte Betriebs- und Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Nach seiner Promotion über Just-in-Time-orientierte Fertigungs- und Logistikstrategien arbeitete und lehrte Eisenkopf in Gießen und Frankfurt. Seit 2003 ist Eisenkopf Professor an der Zeppelin Universität und Gastdozent an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf Mobilität und Transportunternehmen. Seit 2015 ist Eisenkopf zudem Vizepräsident für Lehre und Didaktik und Dean des Zeppelin Universität Bachelor College.

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Allerdings hält die Bundesregierung unbeirrt an ihrem seinerzeit ausgegebenen Ziel von einer Million Elektroautos im Jahre 2020 fest. Der Verkehrsminister glaubt nach wie vor, dass man dieses Ziel erreichen könnte und die Bundeskanzlerin spricht sich implizit für weiter gehende Fördermaßnahmen aus, legt sich aber wie üblich nicht fest. Dafür überbieten sich die Akteure der Automobilwirtschaft, Lobbyorganisationen und Politiker in der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ gegenseitig mit Vorschlägen, was zu tun sei.
Diese Diskussion fügt sich mustergültig in das planwirtschaftliche Konstrukt der Energiewende in Deutschland ein. Wir wissen, dass der im Zerfallsprozess planwirtschaftlicher Systeme fortschreitende Realitätsverlust regelmäßig durch Ideologie übertüncht wird. Bei der Elektromobilität ersetzt die quasi-religiöse Überzeugung, der Umwelt etwas Gutes zu tun, den Blick für die Fakten. Hinzu kommt die wichtigste Regel des Geschäftsmodells von Berufspolitikern: Um wiedergewählt zu werden, muss man immer gut aussehen, und es darf kein Eingeständnis des Scheiterns geben, koste es, was es wolle (vergleiche die „Griechenlandrettung“).
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Daher wird munter über Fördermaßnahmen für die Elektromobilität debattiert, die allesamt am Kern des Problems vorbeigehen. Trotz mittlerweile zahlreicher angebotener Fahrzeugmodelle – auch aus deutscher Produktion – sind reine Elektrofahrzeuge wegen begrenzter Reichweiten, langer Ladezeiten und schlechter Ladeinfrastruktur sowie immens hoher Kaufpreise für den Kunden in der Regel unattraktiv: Sie bieten kaum Mehrwert und schaffen stattdessen neue Schwierigkeiten. Eine Innovation wird sich in einem marktwirtschaftlich geprägten Umfeld aber nur durchsetzen, wenn sie dem Kunden einen relevanten Anfangsvorteil verspricht. Ob die Erlaubnis zur Fahrt auf der Busspur einen solchen darstellt, ist stark zu bezweifeln. Man sollte sich auch nicht wundern, dass die Käufer ausbleiben, wenn die Elektromobilität als Instrument zur Klima- und Weltrettung apostrophiert wird, denn die tatsächliche Zahlungs- und Leidensbereitschaft hierfür ist in der Bevölkerung sehr gering. Was ist also von den vorgeschlagenen Fördermaßnahmen zu halten, die zum Beispiel in einer aktuellen Gesetzesinitiative des Bundesrates enthalten sind?

Eine zentrale Forderung, die auch von der SPD unterstützt wird, sind Sonderabschreibungen (für 2015 in Höhe von 50 Prozent) für den Kauf von gewerblich genutzten Elektrofahrzeugen. Es dürfte an Schizophrenie grenzen, einerseits das Dienstwagenprivileg zu kritisieren und andererseits die Anschaffung elektrisch betriebener Dienstwagen per Sonderabschreibung fördern zu wollen. Hinzu kommt, dass die Förderung auch Hybridfahrzeuge umfasst, die zwar deutlich beliebter als echte Elektrofahrzeuge, aber im Endeffekt häufig kaum effizienter sind als sparsame Dieselfahrzeuge.


Weiterhin fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, Zuschüsse für den Kauf von Elektrofahrzeugen zu prüfen. In der Diskussion ist eine „Umweltprämie“ in Höhe von 5.000 Euro für private Käufer. Für sogenannte Plug-In-Hybride soll ein Betrag von 2.500 Euro gezahlt werden. Man kann bei diesem Vorschlag nur von einem Stück aus dem Tollhaus sprechen, wenn man sich an die Auswirkungen der letzten „Umweltprämie“ aus dem Krisenjahr 2009 erinnert.

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Kurioserweise wird diese Forderung von den Grünen unterstützt, denen man normalerweise weder ein besonderes Faible für Autos noch einen Hang zur Umverteilung nach oben unterstellt. Letzteres scheint aber System zu haben, denn nach der Versorgung der wohlhabenden grünen Klientel mit Subventionen für die Produktion von Sonnen- und Windstrom wird jetzt das ökologisch korrekte Auto finanziell attraktiver gemacht.


Tatsächlich ist das Elektroauto aus ökologischer Sicht aber unter den gegenwärtigen Bedingungen der Stromversorgung überhaupt nicht besser als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. So schreibt das in diesem Kontext unverdächtige ifeu-Institut: „Batterie-elektrische Pkw haben über den Lebensweg (inkl. Fahrzeugherstellung und Energiebereitstellung) bei Nutzung des deutschen Strommix eine ähnliche Klimabilanz wie konventionelle Pkw.“

Bereits heute werden E-Pkw durch Freistellungen bei der Kraftfahrzeugsteuer und der Berechnung des geldwerten Vorteils von Geschäftswagen subventioniert. Wer Umwelt und Klima wirklich schützen will, sollte die Finger von weiteren Subventionen in Form von Sonderabschreibungen und Kaufprämien lassen. Eine Innovation politisch zu lenken, bedeutet immer Verzicht auf andere Optionen, um eine ausgewählte Richtung zu erzwingen. Daher kann letztlich nur die Förderung der Grundlagenforschung – zum Beispiel in der Batterietechnologie, aber auch von anderen Antriebsalternativen – Aufgabe der Politik sein. Eine solche Selbstbeschränkung wird ihr aber nicht gelingen, da man sich mit einem leichtsinnig formulierten Ziel von einer Million Pkw erpressbar gemacht hat. Die „Nationale Plattform Elektromobilität“ wird schon dafür sorgen, dass die Politik auch liefert.

Titelbild: Nthss220 /pixabay.com (CC0 Public Domain)

Bilder im Text: ruhrmobil-E e.V. / flickr.com (CC BY-NC-ND 2.0)

renee.hawk / flickr.com (CC BY-ND 2.0)


Beitrag (redaktionell unverändert): Prof. Dr. Alexander Eisenkopf

Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm und Alina Zimmermann

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