Ausstellungseröffnung

Ausstellung "Whiteface": Was es bedeutet, weiß zu sein

Von Lilli Kim Schreiber | Fotos: Richard Reichel
19.10.2023
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Studierende und externe Besuchende strömen am späten Nachmittag des Sommerfests in die Whitebox und dürften dort, wenn überhaupt, nur von der begrenzten Anzahl der Sitzgelegenheiten enttäuscht sein. In der Whitebox, die für diese Ausstellung noch weißer als üblich erscheint, ist alles auf eine große Leinwand ausgerichtet. 


Zusätzlich zur Hauptleinwand sind entlang der Wände weitere Leinwände angebracht, die offensichtlich für eine bessere Akustik sorgen sollen. Im Zentrum des Raums befinden sich zwei schlichte, weiße Bänke, und dahinter ist ein kleiner Bildschirm angebracht, der scheinbar mit der Hauptleinwand kommuniziert. Die Atmosphäre ist minimalistisch und beinahe klinisch.

Ausstellung Whiteface von Candice Breitz

Die Eröffnungsrede von Prof. Dr. Karen van den Berg, der akademischen Leiterin des artsprogram, und der Kuratorin Rahel Spöhrer sowie die anschließende 33-minütige Videopräsentation erhielten positive Resonanz vom Publikum des Sommerfests. Mit gespanntem Interesse lauschten die anwesenden Gäste in der Whitebox, als Rahel Spöhrer das Wort ergreift, um die Arbeit vorzustellen: „Das Gefühl, falsch zu sein, ist ein existenzialistisches“, erklärt die Kuratorin des artsprograms in Bezug auf das diesjährige Jahresthema „Being Wrong“. Anschließend fährt sie fort, die aktuelle Ausstellung zu erläutern: „Ich sehe Candice Breitz' Herangehensweise in diesem Werk im Einklang mit den Überlegungen von Florian Fuchs als eine materialisierte Echokammer.“

Tatsächlich basiert Breitz' Videowerk auf einem Archiv, das die Künstlerin aus Radio- und Fernsehausschnitten zusammengestellt hat, die privilegierte und teils äußerst kritische Aussagen zum Weißsein der dargestellten Personen markieren und auf dieses Merkmal zurückführen. 


Die Ausstellung soll laut Spöhrer vor allem als Diskussionsanreiz und Gesprächsangebot gesehen werden, der die Besuchenden bereits beim Sektempfang nach der Vernissage dazu anregt, im Tunnel des ZF Campus über Fragen im Zusammenhang mit unbewussten Privilegien, Argumentationsimmunisierungen gegen linke Politiken und dem oft zitierten Begriff der sogenannten „White Fragility“ zu sprechen. Zumindest bei der Vernissage erweist sich dieses Konzept als großer Erfolg, und im Anschluss an die Eröffnung wird es bei einem Glas Wein lebhaft wenn auch einseitig diskutiert.

Candice Breitz thematisiert das Privileg, weiß zu sein

Negative Reaktionen auf eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Weißheit, die hier in der absoluten Mehrheit vertreten ist, bleiben aus. Abschliessend sagt Spöhrer: „Mit dieser Arbeit tut Candice Breitz mit Sicherheit eines: Sie markiert Weisssein als machtvolle Norm, die sich ständig darin stabilisiert, dass sie ihre eigene Existenz leugnet.“


In „White Face“, einer von drei Arbeiten in der Trilogie „White Noise“, nutzt Breitz ein Video- und Audioarchiv, das größtenteils aus amerikanischen Medienbeiträgen besteht. Die Künstlerin hat aus diesen Beiträgen White Privilege-Aussagen, Immunisierungsgesten weißer Vorherrschaft sowie rechtspopulistische und geradezu beängstigend subtil verpackte rassistische Elemente extrahiert. Diese verarbeitet sie in ihrem eigenen Werk als eine Art Klon eines inexistenten weißen Stereotyps und mit verschiedenen Sprecherstimmen.

Prof. Karen van den Berg führt in die Ausstellung "Whiteface" ein
Prof. Karen van den Berg führt in die Ausstellung "Whiteface" ein

Die Videoarbeit bietet eine Gelegenheit zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Konzept des „Weißseins“ und den bestehenden Strukturen weißer Vorherrschaft. Sie geht einher mit einer Vielzahl von Veranstaltungen, angefangen bei einer Study Group, die im Fallsemester 2023 als Zusatzkurs angeboten wird, über ein Podiumsgespräch mit dem Titel „The Emotional Life of Populism – German and Israeli Perspective“ bis hin zu einem abschließenden Symposium zu den Themen Angst, Ressentiments und Spaltung. Bei diesem Symposium wird auch die Künstlerin selbst anwesend sein. Das artsprogram der Zeppelin Universität schöpft hierbei aus dem Vollen.

Information:

Die Ausstellung zu „Whiteface“ wird bis zum 1. Dezember 2023 in der White Box, von Dienstag bis Donnerstag durchgehend von 10 bis 17 Uhr für Besuchende geöffnet sein und zum gemeinsamen Diskurs und dem Hinterfragen bestehender Argumentationslogiken und Immunisierungsgestiken weißer Vorherrschaft einladen. 


Alle weiteren Informationen zu den Terminen rund um „Whiteface“ finden sich unter folgendem Link: https://www.zu.de/universitaet/artsprogram/programm.php

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