Wenn ich mich von der Wissenschaft erholen möchte, von ihren Eitelkeiten und anmaßenden Geltungsansprüchen, mit denen sie ihre Adressaten einschüchtert, dann lese ich Paul Feyerabend (z.B. Erkenntnis für freie Menschen) - diesen in der Schweiz geborenen österreichischen Physiker und Philosophen, der überwiegend England und Kalifornien lebte.
Wenn ich aber guten Grund zu haben glaube, mich über das Wissenschaftssystem oder dessen Insassen aufzuregen, dann lese ich Pauls Briefwechsel mit dem Ethnologen und Kulturhistoriker Hans Peter Dürr. Das macht fröhlich. Und gelassen. Wie ein unchemisches Naturheilmittel in Papierform. Denn man erfährt darin, wie Wissenschaft wirklich funktioniert - und das ist nicht selten lustig. "Wirklich" hier natürlich aus der Perspektive der beiden Schreibenden. Es kommen darin viele Figuren der Zeitgeschichte vor, u.a. ein Lehrer Feyerabends (oder besser, ein Mann, bei dem er mal Assistent war: "Ayatollah Popper"). Und es geht um die Frage, wie man Wissenschaft in befreiender Absicht gebrauchen könnte. Etwa, indem man "zu ernste Gedanken in weniger ernste und mehr menschliche Gedanken verwandelt". Überhaupt sollte man mehr Briefwechsel lesen, schon, weil das aus der Mode kam. Moden sind Mechanismen der Verdummung. In solchen Briefwechseln schreiben die Subjekte, wie sie die Welt sehen, und nicht, wie sie gesehen werden sollte.
Prof. Dr. Dr. Manfred Moldaschl studierte Psychologie, Geschichte, Literatur und Soziologie in Tübingen, Berlin und München. Er neigt keiner akademischen Disziplin zu, sagt er selbst, sondern verfolgt vielmehr das Prinzip der eisernen Disziplinlosigkeit. Unter anderem arbeitete er am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und dem Institut für Humanwissenschaften in Arbeit und Ausbildung der TU-Berlin. Moldaschl hielt Lehraufträge und Gastprofessuren in Psychologie und Soziologie an Universitäten im In- und Ausland. Seit 2013 ist er Inhaber des Audi-Stiftungslehrstuhls für Sozioökonomie und unternehmerisches Handeln an der Zeppelin Universität.
Titelbild: manun / Photocase
Bilder im Text: jala / Photocase
Was für einen tolle Idee! Auf das Eselsohr muss man einfach klicken, die Neugier ... Außerdem hoffe ich, es kommen noch viele weitere Lektüretipps. (Auf die Idee wäre ich für unsere Seite auch gerne gekommen - aber ich lass mich halt für nächstes Jahr anregen.)
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