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Medienrezeption

Second Screen im Blickfeld

Dreh- und Angelpunkt des interdisziplinären Workshops war die Beobachtung, dass durch die neuen technologischen Möglichkeiten Mitglieder sozialer Gruppen aufeinandertreffen, die ansonsten keinen Kontakt miteinander hätten – und das interaktiv, zeitlich entbunden und delokalisiert.

Prof. Dr. Udo Göttlich
Lehrstuhl für Allgemeine Medien- und Kommunikationswissenschaft
 
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    Zur Person
    Prof. Dr. Udo Göttlich

    Professor Dr. Udo Göttlich ist seit Oktober 2011 nach verschiedenen Gastprofessuren in Klagenfurt, Hildesheim oder München Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Medien- & Kommunikationswissenschaft der Zeppelin Universität. Seine Schwerpunkte liegen im Verhältnis und Zusammenhang von Medien- und Gesellschaftswandel.  


    Göttlich studierte von 1983 bis 1989 Komparatistik, Soziologie und Politischen Wissenschaft an der RWTH-Aachen und promovierte ebendort 1996 zum Dr. phil im Fach Soziologie. 2005 folgte die Habilitation am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen amd Campus Duisburg. Die venia legendi lautet „Soziologie“.

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Gegenwärtig befindet sich das Fernsehen durch die zunehmende Digitalisierung im Wandel. So drängen sich neue Anbieter wie die Online-Videothek „Netflix“ auf den Markt und verändern dadurch die etablierte Programmstruktur, da Fernsehen nun auf Wunsch und unabhängig vom tatsächlich laufenden Programm möglich wird. Auch digitale Mediatheken ermöglichen hier eine Gestaltung der Programmstruktur durch die Nutzer. Diese sind nun nicht mehr darauf angewiesen, sich ihr Fernsehmenü aus Programmzeitschriften zusammenzustellen – über soziale Netzwerke ist es möglich, sich über das Programm auszutauschen und es zu kommentieren. „Immer wichtiger werden dabei sogenannte Second Screens wie Tablets oder Smartphones, mit denen die Ereignisse auf dem First Screen – dem Fernsehgerät – kommentiert und bewertet werden“, erläutert Dr. Martin R. Herbers. Und Luise Heinz fügt hinzu: „Dadurch eröffnen sich neue Nutzungsweisen des Fernsehens und neue Handlungsweisen, die bislang kaum erforscht sind.“

Netflix kann alles - und alles kann Netflix? Seit dem 16. September 2014 ist der amerikanische Internet-Streaming-Dienst in Deutschland aktiv. Vom Tablet bis zum Computer und vom TV-Empfänger von Apple bis zur Spielekonsole von Microsoft hat das Angebot fast überall Einzug gehalten. Auf lange Sicht wolle man so die Hälfte aller Deutschen erreichen, teilen die Anbieter zum Start mit. "Netflix hat ein technisch sauberes Streaming-Portal vorgelegt, das zwar für alle Plattformen verfügbar ist, die nicht bei drei auf den Bäumen waren - allerdings bisher an der geringen Film- und Serienauswahl kränkelt", urteilte die Computer Bild.
Netflix kann alles - und alles kann Netflix? Seit dem 16. September 2014 ist der amerikanische Internet-Streaming-Dienst in Deutschland aktiv. Vom Tablet bis zum Computer und vom TV-Empfänger von Apple bis zur Spielekonsole von Microsoft hat das Angebot fast überall Einzug gehalten. Auf lange Sicht wolle man so die Hälfte aller Deutschen erreichen, teilen die Anbieter zum Start mit. "Netflix hat ein technisch sauberes Streaming-Portal vorgelegt, das zwar für alle Plattformen verfügbar ist, die nicht bei drei auf den Bäumen waren - allerdings bisher an der geringen Film- und Serienauswahl kränkelt", urteilte die Computer Bild.

„Dreh- und Angelpunkt des interdisziplinären Workshops ,Ko-Orientierung in der Medienrezeption: Praktiken der Second-Screen-Nutzung‘ war die Beobachtung, dass durch die neuen technologischen Möglichkeiten Mitglieder sozialer Gruppen aufeinandertreffen, die ansonsten keinen Kontakt miteinander hätten – und das interaktiv, zeitlich entbunden und delokalisiert“, sagt Göttlich. „Dabei gestaltet sich diese Zusammenkunft nicht zufällig: Die Zuschauer reagieren etwa auf Kommentare anderer Rezipienten und nutzen zu diesem Zweck häufig mehrere Endgeräte zur gleichen Zeit.“ Doch wie beeinflusst diese komplexe Medienumgebung die Mediennutzung und -rezeption? Das haben die Beiträge des Workshops aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.

Die Zugänge zu diesen Phänomenen waren dabei weit gefächert. So gingen Mario Anastasiadis und Jessica Einspänner-Pflock von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn der Frage nach, wie Twitter die politischen Diskussionen verändert, die etwa parallel zu einer Talkshow geführt werden. Dr. Kathrin Müller von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hingegen fragte nach der Second-Screen-Nutzung von fernsehenden Paaren: Beeinflusst der Second Screen die Kommunikation der Paare untereinander, sodass sich diese nur noch über Twitter und nicht mehr vis-à-vis beim Fernsehschauen austauschen? Eine einordnende, mediensoziologische Perspektive stellte Professor Dr. Tilmann Sutter vor, als er den inflationären Gebrauch des Begriffes der „Interaktivität“ in seinem Beitrag zur Anschlusskommunikation im Internet kritisch betrachtete und damit eine Brücke zu den grundlegenden Überlegungen von ZU-Juniorprofessor Dr. Marian Adolf schlug, der eine Systematisierung des vielfältigen Mediatisierungsbegriffs anregte, der die bestehende Forschung rahmt.

Auch die "großen" alten Fernsehsendungen Deutschlands sind mittlerweile auf Second Screen umgestiegen. 2012 bot "Wetten dass" erstmals eine App an. Heute sind solche Apps vor allem bei Serien und Fußballfans beliebt - sie informieren über Hintergrundinformationen, zeigen weitere Bilder und Kameraperspektive und bieten Gesprächsrunde mit passenden Experten an.
Auch die "großen" alten Fernsehsendungen Deutschlands sind mittlerweile auf Second Screen umgestiegen. 2012 bot "Wetten dass" erstmals eine App an. Heute sind solche Apps vor allem bei Serien und Fußballfans beliebt - sie informieren über Hintergrundinformationen, zeigen weitere Bilder und Kameraperspektive und bieten Gesprächsrunde mit passenden Experten an.

Diese und die vielen weiteren Beiträge des Workshops im DFG-Schwerpunktprogramm „Mediatisierte Welten“ spannten den Bogen von Prozessen der Vergesellschaftung und der Herstellung einer digitalen Öffentlichkeit bis hin zu mikrosozialen Prozessen einer internetbasierten Mediennutzung im Privaten. Diese Dimensionen sind – und das lässt sich als ein erstes Fazit konstatieren – heute keineswegs mehr klar zu trennen.

Titelbild: Microsoft Xbox Media Wire (Pressebilder)

Bilder im Text: Netflix / PR Media Center (Pressebilder)

Primus Inter Pares / flickr.com (CC BY-SA 2.0)


Redaktionelle Umsetzung: Florian Gehm und Alina Zimmermann

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