Familienunternehmen

Neue Generation, neue Wege

Die neue Unternehmergeneration steht für Innovations- und Wachstumsdrang, dem Zeitgeist entsprechende Instrumente der Personalführung sowie gesellschaftliches Engagement.

Professor Dr. Reinhard Prügl
 
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    Zur Person
    Professor Dr. Reinhard Prügl

    Reinhard Prügl ist wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen und Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und Entrepreneurship an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Open/User Innovation, Technological Competence Leveraging, Business Model Innovation und Family Entrepreneurship. Zudem ist Reinhard Prügl wissenschaftlicher Leiter eines speziell auf die Bedürfnisse von Familienunternehmen ausgerichteten, berufsbegleitenden Masterstudiengangs, dem Executive Master for Family Entrepreneurship (eMA FESH).

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    Factbox
    Informationen zur Grundlage der Studie

    Die Grundgesamtheit der Studie umfasst 235 Personen (2010: 202 Befragte) zwischen 16 und 35 Jahren. Befragungszeitraum war März bis Juli 2012.

    Methodische Grundlage der Studie ist ein von Ajzen/Fishbein (1975) entwickeltes Partialmodell zur Erklärung des Einflusses von Einstellungen auf das Verhalten, wonach generelle Werthaltungen einer Person ihr Verhalten beeinflussen.

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    Dossier
    Deutschlands nächste Unternehmergeneration
    Reinhard Prügl (2010)
    Deutschlands nächste Unternehmergeneration II
    Reinhard Prügl, Jana Hauck (2012)
    Herbstausgabe impulse Wissen 2012
    impulse Wissen (2012)
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Was sind die zentralen Werthaltungen der nächsten Generation in deutschen Familienunternehmen?
 
Reinhard Prügl: Die 235 aus Familienunternehmen stammenden, zwischen 16 und 35 Jahre alten Befragten der aktuellen Erhebung sehen die Werthaltungen „Eigenverantwortlich leben und arbeiten“, „Einen Partner haben, dem man vertrauen kann“ und „Gute Freunde haben, die einen anerkennen und akzeptieren“ als zentral an – wie bereits jene aus 2010. Gleichzeitig werden die Werte „Das tun, was andere auch tun“ sowie „Am Althergebrachten festhalten“ stark abgelehnt und Kreativität wiederum sehr geschätzt – was in Summe den Innovationsgeist dieser Generation unterstreicht.
Den eigenen, individuellen Weg zu gehen, scheint in dieser Generation also von großer Bedeutung zu sein – ohne dabei jedoch die Wurzeln zu vergessen. Man könnte also von „klassischen“ familienunternehmerischen Werten, gepaart mit einem hohen Maß an Individualität und Mut zu Kreativität und Innovation sprechen.

Informationen zur Grundlage der Studie


Aber womit wird die neue, junge Generation ihre auch sehr traditionsbewussten Unternehmen konkret besser rüsten?

Prügl: Zunächst ist festzustellen, dass aus den Ergebnissen unserer Analyse insgesamt eine klare Präferenz für Unternehmertum und ein beachtliches Potenzial für die, auch operative, Nachfolge im Familienunternehmen innerhalb der vorliegenden Stichprobe abzuleiten ist. In Summe können sich mehr als drei Viertel prinzipiell die Übernahme des Familienunternehmens vorstellen.


Jana Hauck: Die nächste Unternehmergeneration wird mit viel Unternehmergeist an die Herausforderungen der Zukunft herangehen. Wenn sie das Ruder im Familienunternehmen übernimmt, sind Wachstum und Innovation die klaren strategischen Prioritäten. Die stärksten Veränderungen zeichnen sich im Bereich Personal und Führung ab: Hier sehen rund 35 Prozent der Nachwuchsunternehmer Handlungsbedarf.

Studie: Deutschlands nächste Unternehmergeneration II (2012)


Studie: Deutschlands nächste Unternehmergeneration (2010)


Wenn Sie die beiden vorliegenden Studien genauer betrachten, welche Trends sind für Familienunternehmen in Ihren Augen die wichtigsten in den kommenden Jahren?

Prügl: Ein Trend, der sich in der zweiten Studie bestätigt hat, ist die Orientierung an Innovation. Dass Innovationsfähigkeit der Schlüssel für Wachstum an unserem Wirtschaftsstandort ist, ist der nächsten Unternehmergeneration sowohl bewusst als auch sehr wichtig.

Hauck: Zweitens nehmen sie gesellschaftliche Verantwortung als überaus wichtig wahr – insbesondere engagieren sie sich in den Bereichen Soziales, Sport und Kultur. Interessanterweise steht ein Engagement im Bereich Bildung noch nicht mit einer ähnlichen Bedeutung auf der Agenda. Dennoch: Auch in diesem Bereich sehe ich die Chance, dass sich Familienunternehmen hier zunehmend als Vorreiter positionieren.
 
Prügl: Drittens steht das Thema Unternehmertum für die Befragten hoch im Kurs, sei es die eigene Gründung oder die Nachfolge im Familienunternehmen. Die Generation legt viel Wert auf Selbstverwirklichung und Eigenständigkeit. Zudem wird die Verantwortung für das eigene Familienunternehmen deutlich: Mehr als zwei Drittel der Befragten sagen, „Kinder aus Familienunternehmen haben eine Verantwortung für das Unternehmen“ und sind der Auffassung, „Kinder sollten bereits in jungen Jahren an das Unternehmen herangeführt werden.“. Die Zustimmung ist hier höher als 2010. Dies lässt sich eventuell dadurch erklären, dass ein Großteil der Befragten nun aus mittelständischen Familienunternehmen stammt und dadurch einen unmittelbareren Kontakt zum Unternehmen hat.

Ihre Studie spricht von einem geringeren Vertrauen des Familienunternehmer-Nachwuchses in die Politik. Welche Konsequenzen leiten Sie daraus ab?
 
Prügl: In der Tat ist ein hohes Verantwortungsbewusstsein für gesellschaftliche Belange und ein großes Interesse an Politik - bei gleichzeitig hoher Skepsis gegenüber politischen Institutionen - zu beobachten. Das Vertrauen gegenüber politischen Parteien, der Glaube an die Wirksamkeit von politischem Engagement und die Lernfähigkeit von Politik werden jedoch skeptisch beurteilt. So glaubt mit 45 Prozent nur knapp die Hälfte der Befragten, dass „die Politik viel verändern kann“.

Hauck: Vielleicht sollte man daher eher von geringem Vertrauen in die Akteure und Parteien der Politik sprechen – nur 35 Prozent der Befragten fühlen sich mit ihren Belangen von einer politischen Partei gut vertreten. Vielleicht werden wir es mit einem Bedeutungszuwachs von Verbänden zu tun haben, die familienunternehmerische Interessen vertreten? Oder es finden sich andere Wege der politischen Mitbestimmung?

Die Studie auf einen Blick – In einer Tagcloud werden die häufigsten Worte gewichtet angezeigt
Die Studie auf einen Blick – In einer Tagcloud werden die häufigsten Worte gewichtet angezeigt

Welches Ergebnis der neuen Studie hat Sie am meisten überrascht?
 
Hauck: Positiv überrascht hat mich das durchgängig hohe Verantwortungsbewusstsein der Nachwuchsunternehmer – für das eigene Unternehmen und für die Gesellschaft im Allgemeinen, zum Beispiel durch soziales Engagement oder auch gezielten Konsum, mit dem sie ein politisches Statement setzen.
 
Prügl: Ich denke, es gibt eine ganze Reihe von interessanten Befunden, die wir jetzt gar nicht alle im Detail aufzeigen können beziehungsweise die sich auch schon in Ihren vorigen Fragen spiegeln. Ergänzend fand ich beispielsweise, einhergehend mit dem hohen Verantwortungsbewusstsein, die hohe Teamorientierung der Befragten sehr spannend. Dies wird auch durch die Fokussierung eines stärker partizipativen Führungsstils deutlich. Zudem wird interessanterweise im Vergleich zum Jahr 2010 die Vereinbarkeit von Beruf und Familie positiver gesehen. 57 Prozent% der Befragten sind überzeugt, dass sich „Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren lassen“; 2010 stimmten dieser Aussage nur 46 Prozent zu.


Wie beurteilen Sie die Studie in ihrer Aussagekraft für die deutsche Familienunternehmerlandschaft, hinsichtlich des hohen Anteils an Privatstudenten?

Hauck: Das Forschungsfeld ist bisher eine recht grüne Wiese, daher gibt es praktisch noch keine Vergleichsdaten dazu, wie die Grundpopulation generell zusammengesetzt ist. Die erste Studie in 2010 diente der ersten empirischen Exploration des Themenkomplexes Werthaltungen, Einstellungen und Pläne von Unternehmerkindern, die vor allem aus älteren und größeren Familienunternehmen stammen. In dieser Studie hatten wir einen ähnlich hohen Anteil an Privatstudenten wie in der aktuellen Studie. Die Aussagekraft der Unterschiede zwischen den Studien ist daher nicht eingeschränkt.

Prügl: Es kann jedenfalls festgehalten werden, dass für die im Rahmen dieser Studie befragten Nachwuchsunternehmer Bildung einen hohen Stellenwert hat – und sie sind bereit, in ihre Bildung zu investieren. So hat mit rund 39 Prozent ein erheblicher Anteil Erfahrungen mit privaten Universitäten und Hochschulen. Zudem ist dieser Generation eine internationale Ausrichtung sehr wichtig: Rund 45 Prozent haben mit einem längeren Auslandsaufenthalt, etwa durch Studium oder Job, schon umfangreiche Auslandserfahrungen gesammelt.

Und was ist die wichtigste Implikation der neuen Studie für Wirtschaft und für Politik?
 
Hauck: Die Unternehmer der nächsten Generation werden aus meiner Sicht – trotz eher bürgerlichen und traditionellen Werthaltungen – einiges an frischem Wind in ihre Unternehmen und somit in die Wirtschaft bringen.
 
Prügl: Sehe ich auch so. Sie stehen für Innovations- und Wachstumsdrang, dem Zeitgeist entsprechende Instrumente der Personalführung sowie gesellschaftliches Engagement. Für die Politik kann es nur heißen, die Nachwuchsunternehmer und ihre Belange wahrzunehmen, in ihren Programmen aufzugreifen und in die politische Willensbildung einzubeziehen. Dafür, dass Familienunternehmen von Politikern stets als Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet werden, finden sich ihre Belange aus meiner Sicht nicht ausreichend in der politischen Landschaft vertreten.


Bild: Bertram Rusch

Weitere Informationen: Herbstausgabe impulse Wissen 2012


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